Unser Seligenstadt
2000 Jahre lebendige Geschichte
Auf den Spuren der Vergangenheit
Die Zeitreise beginnt mit den Römern, geht durch das Mittelalter, über die Renaissance, dem Barock in die Moderne.
Auf dem Streifzug durch die Jahrhunderte begegnet man römischen Legionären, Kaisern und Königen, Gelehrten und biederen Handwerkern, reichen Kaufleuten und armen Fischern, jagdbegeisterten Monarchen und kunstsinnigen Äbten. Alle haben sie in der Geschichte Seligenstadts ihre Spuren hinterlassen.
Vom Kastell der Römer gibt es in der Stadt keine sichtbaren Zeichen mehr. Funde, wie z.B. ein Weihestein aus dem Jahr 204 n.Chr., bestätigen aber ihre Existenz hier am Main. Mit der Basilika aus dem 9. Jahrhundert und dem Romanischen Haus aus der Zeit Barbarossas, dem 12. Jahrhundert, ist das Mittelalter sichtbar und erlebbar.
Einhard war ausgesprochen vielseitig und universell gebildet und nahm die unterschiedlichsten Aufgaben am Kaiserhof wahr. Er war nicht nur Hofarchitekt, sondern aufgrund seiner hervorragenden Kenntnisse der antiken Literatur auch Leiter der Palastschule in Aachen.
Im Jahr 815 schenkte Ludwig der Fromme, ein Sohn Karls des Großen, Einhard für seine Dienste am Hof des Kaisers Obermühlheim im Maingau, das spätere Seligenstadt und den Flecken Steinbach im Odenwald. Durch die Übertragung der Gebeine der frühchristlichen Märtyrer Marcellinus und Petrus, die sich Einhard auf verschlungenen Wegen aus Rom hat besorgen lassen, kam es zur Namensänderung. Aus Obermühlheim wurde „Saligunstat“ – heil- und segenbringende Stätte.
Nach seinem Tod im Jahr 840 wurde Einhard zusammen mit seiner Frau Imma, die vier Jahre vor ihm verstarb, in der Ringkrypta der Basilika bestattet.
Palatium und Romanisches Haus
Kaiser Friedrich Barbarossa verlieh Seligenstadt 1175 die Stadtrechte und machte sie zur freien Reichsstadt.
Im 12. Jahrhundert gab es noch keinen zentralen Regierungssitz und die Kaiser zogen, um die Stabilität ihres Reiches zu wahren und ihre Herrschaft zu demonstrieren, mit ihrem Gefolge von Pfalz zu Pfalz. Auch in Seligenstadt wird am Hochufer des Mains eine Pfalz errichtet, eine repräsentative Wohnstätte. Anlässlich eines Hoftages 1188 hielt sich Barbarossa selbst in Seligenstadt auf. Nach dem Niedergang der Staufer diente das so genannte „Rote Schloss“ den Bürgern als Steinbruch. Es ist nur noch die mainseitige Mauer des Gebäudes, aufgrund der Einbeziehung in die Stadtbefestigung, erhalten.
In der gleichen Zeit entstand auch das Romanische Haus. Es ist das älteste weltliche Gebäude der Stadt. Es ist anzunehmen, dass das romanische Steinhaus als Vogtei, also als Amtshaus eines Vogts des Kaisers errichtet wurde. Der Vogt war dem Kaiser unmittelbar unterstellt und für die hohe Gerichtsbarkeit zuständig.
Nach der erfolgreichen Sanierung des Gebäudes erhielt die Stadt Seligenstadt 1986 den Denkmalschutzpreis des Landes Hessen.
Die Stadtbefestigung
Mit der Erhebung der Stadt 1175 zur freien Reichsstadt erhielt die bis dahin unbefestigte Stadt eine wehrhafte Wallanlage. Im 15. Jahrhundert erfuhr die Verteidigungsanlage eine Verstärkung durch Mauern und Tore.
Insgesamt gab es zehn Türme: vier Tortürme und sechs Wehrtürme, von denen noch drei erhalten geblieben sind: die „Mulaule“, an der ehemaligen Stadtmühle, das „Pfarrbollwerk“ auf dem Friedhof und die sogenannte „Stumpfaule“ in der Mauergasse. Von den vier Stadttoren ist nur noch der Steinheimer Torturm erhalten, ein eindrucksvoller Renaissancebau, der 1604 wahrscheinlich von Georg Ridinger, dem Erbauer des Aschaffenburger Schlosses, errichtet wurde.
Der ehemalige Stadtgraben ist heute ein Fuß- und Radweg.
Die Klosterstadt
Schon Benedikt von Nursia schrieb in seinen Regeln, dass ein Kloster so angelegt sein soll, dass sich alles Notwendige innerhalb der Klostermauern befinden soll. So bräuchten die Mönche nicht draußen umhergehen, was für ihre Seelen durchaus nicht zuträglich ist.
Von der Benediktiner-Abtei Einhards ist heute auf dem Klostergelände durch Plünderung und Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg nichts mehr zu sehen. Die heutige Klosteranlage präsentiert sich als eine typische barocke Anlage.
Aus den einstigen reinen Nutzgärten, in denen die Mönche Obst, Gemüse und Kräuter anpflanzten, ist eine wundervolle Parkanlage geworden.
Bis zur Säkularisation lebten hier fast 1000 Jahre Mönche. Danach ging das Kloster samt Basilika in den Besitz des Landgrafen von Hessen-Darmstadt. Heute steht die gesamte Klosteranlage unter der Verwaltung der Hessischen Schlösser und Gärten.
„Selig sei die Stadt genannt“
Die meisten Fachwerkhäuser stammen aus der Zeit 16. bis 18. Jahrhundert. Aber vereinzelt sind sogar nach älter: das „Alte Haus“ in der Frankfurter Straße 13/15 aus 1327, ein Ständerbau in der Aschaffenburger Straße 91 aus 1426 und das Haus „Stern“ in der Aschaffenburger Straße 5 aus 1444.
Das schönste Fachwerkhaus, das „Einhardhaus“, steht am Marktplatz. Um dieses Haus rankt sich auch die schöne Geschichte, wie Seligenstadt zu seinem Namen kommen sein soll. Es soll die von Kaiser Karl dem Großen nicht geduldete Liebe seiner Tochter Emma zu Einhard, dem Hofbediensteten, gewesen sein, die zur Vertreibung der beiden vom Aachener Hof führte. Als Kaiser Karl nach langem Suchen seine Tochter wiederfand, soll er ausgerufen haben:
„Selig sei die Stadt genannt, da ich meine Tochter wiederfand!
An die 200 Einzelkulturdenkmale sind für Seligenstadt in der Denkmaltopographie des Kreises Offenbach verzeichnet. Nicht jedes Haus in der Altstadt ist ein Kulturdenkmal, aber das gesamte Ensemble steht unter Denkmalschutz und die Bewohner hegen und pflegen ihr Zuhause.
Ein besonderes Eckchen in der Altstadt ist „Klaa-Frankreich“- das kleine Frankreich. Der Name kommt daher, dass nach dem Dreißigjährigen Krieg hier durch den Abt des Klosters, der aus der Wallonie stammte, Landsleute nach Seligenstadt holte, um die entvölkerte Stadt wieder zu neuem Leben zu erwecken. Durch die französisch sprechenden Wallonen kam dieses Viertel seinen Namen.
Standhaft im Getöse am Kreisel in der Frankfurter Straße ist die Wendelinuskapelle. Sie stand früher weit vor den Toren der Stadt. Ursprünglich war es nur ein kleines Bildhäuschen, das den Heiligen Wendelin, Schutzpatron der Hirten und Herden und Leonhard, Schutzpatron der Bauern und des Viehs, vor allem der Pferde, gewidmet war.
Ab in die Sommerfrische! Das wollten auch schon die Seligenstädter Äbte. Im heutigen Ortsteil Klein-Welzheim steht die Wasserburg, die Sommerresidenz der Seligenstädter Äbte. Das kleine Schlösschen ist zwar nur von außen zu besichtigen, lohnt aber einen Spaziergang.
Einhardstadt Seligenstadt
Eigentlich nennen die Seligenstädterinnen und Seligenstädter ihre Heimatstadt schon immer liebevoll Einhardstadt. Doch seit dem 5. Februar 2020 ist es sogar amtlich: Seligenstadt bekommt offiziell den Namenszusatz „Einhardstadt“. Der Antrag der Stadt Seligenstadt fand im Hessischen Ministerium des Inneren Gehör.
Einhard, der Gelehrte am Hofe Kaiser Karls des Großen und der Verfasser der Biografie Karls des Großen, der „Vita Karoli Magni – Das Leben Karls des Großen“ wird mit vielen Benennungen in seiner Stadt lebendig gehalten. So gibt es die Einhardbasilika, die Einhardschule, die Einhardstraße, den Einhardweg – ein Rad- und Wanderweg – und das Einhardhaus, aus dem Einhard die Szenerie der Stadt bis zum heutigen Tag beobachtet – so wird das auf jeden Fall gerne von den Seligenstädtern erzählt.
Einhard wurde um das Jahr 770 im östlichen Maingau geboren. Aufgrund seiner kleinen Gestalt gaben ihn seine Eltern zur Erziehung in das Kloster Fulda. Dort wurde er zum Urkundenschreiber ausgebildet. Sehr schnell erkannte Abt Baugulf seine Talente und empfahl ihn an den kaiserlichen Hof nach Aachen. Hier war er Mitglied der Capella, einer königlichen Tafelrunde, die sich mit wissenschaftlichen, literarischen und historischen Aufgaben beschäftigte.
Einhard war ausgesprochen vielseitig und universell gebildet. So war er nicht nur Hofarchitekt, sondern aufgrund seiner hervorragenden Kenntnisse der antiken Literatur auch Leiter der Palastschule. Er war verantwortlich für die Reichsannalen, die Hofprotokolle, das Scriptorium und die Bibliothek. Die von Einhard verfasste Vita Caroli Magni, die Lebensgeschichte Karls des Großen, zählt in ihrer literarischen Qualität zum Besten, was das Mittelalter an Biographischem hervorgebracht hat. Darüber hinaus war Einhard ein wirtschaftlicher und politischer Berater, und nicht zuletzt ein persönlicher Vertrauter Karls des Großen.
Kaiser Karl starb 814 und sein Sohn Ludwig der Fromme wurde der Nachfolger. Zu dieser Zeit war Einhard etwa 45 Jahre alt. In Vorbereitung auf sein Alter erbat er sich für sein Wirken am Hofe Ländereien, die für ihn Einnahmen bedeuten. 815 schenkte Ludwig der Fromme Einhard Obermulinheim, das spätere Seligenstadt und Steinbach bei Michelstadt im Odenwald.
Einhards ursprünglicher Plan war es, seinen Lebensabend im Odenwald zu verbringen. Aber es sollte anders kommen!
Die Reliquien der Hl. Marcellinus und Petrus, zwei Märtyrer, die unter Kaiser Diokletian 304 in Rom den Martertod litten, durchkreuzten Einhards Plan eines geruhsamen Alters.
827 beauftragte Einhard seinen Notar Ratleic Reliquien aus Rom zu beschaffen. Ratleic erledigte seinen Job mehr als gut. Er hatte nicht nur Gebeineteilchen im Gepäck. Es waren zwei nahezu zwei komplette Gebeine, die er auf abenteuerliche Weise aus Rom über die Alpen nach Steinbach in den Odenwald brachte. Hier gaben die Heiligen in Träumen und durch Zeichen zu verstehen, dass sie aber an einen anderen Ort gebracht werden wollten. Schon bald erfüllte Einhard den beiden Heiligen deren Wunsch. Am 17. Januar 828 überführte er die heiligen Gebeine nach Ober-Mühlheim an den Main. Aufgrund von Zeichen und Wundern, die den Heiligen zugeschrieben wurden, entwickelte sich eine rege Wallfahrtstätigkeit.
Einhard gründete ein Kloster. Um 830 begann er mit dem Bau der Basilika, der Grablege der beiden Heiligen.
Einhard war der erste Abt des Klosters. Er war ein sogenannter Laienabt, also kein geistlicher, sondern ein weltlicher Mann, der die Abtei im Sinne des Kaisers verwaltete.
Die Verehrung der Reliquien hatte eine beseligende, trost- und heilstiftende Wirkung. Aus der beseligenden Stätte „Saligunstatt“, wurde schließlich das spätere Seligenstadt. Marcellinus und Petrus wurden die Schutzheiligen der Stadt und finden bis in die heutige Zeit große Verehrung in der Bevölkerung.
Einhard starb am 14. März 840 und wurde zusammen in der Ringkrypta der Basilika in der Nähe „seiner“ Heiligen bestattet. Heute sind seine sterblichen Überreste in einem Sarkophag von 1722 in der sogenannten Einhardkapelle der Basilika beigesetzt.
„Selig sei die Stadt genannt“
Das Einhardhaus von 1596 am Marktplatz erinnert uns an eine Volkssage, wie Seligenstadt zu seinem schönen Namen gekommen sein soll.
Es war am Hofe Kaiser Karls in Aachen ……
Einhard, der Berater des Kaisers am Aachener Hof, verliebte sich in Emma, eine Tochter Karls des Großen. Als er in den frühen Morgenstunden die Kammer der Geliebten verlassen wollte, war über Nacht Schnee gefallen. Aus Angst, die Fußspuren könnten ihren Liebsten verraten, trug die kräftige Emma den kleinen Einhard huckepack über den verschneiten Hof.
Doch das Geschehen blieb nicht unbeobachtet.
Der von Reichssorgen geplagte, schlaflose Kaiser beobachtete das Paar. Erbost über diese nicht standesgemäße Beziehung und verbannte er die beiden. So kamen die Verliebten nach Mulinheim und ließen sich hier nieder.
Viele Jahre später verirrte sich der Kaiser bei einer Jagd in den Wäldern der Umgebung und fand hier am Main eine gastliche Herberge – ausgerechnet bei seiner Tochter!
Einhard fürchtete den Zorn des Kaisers, war man doch vor vielen Jahren nicht in Frieden in Aachen auseinander gegangen. Emma, die Tochter Karls, wusste Rat. Sie servierte dem Kaiser dessen Leibspeise: Pfannkuchen !!
An diesen leckeren Pfannkuchen, die nur von Emma sein konnten, erkannte Karl seine Tochter und er soll gerufen haben:
„Selig sei die Stadt genannt, da ich meine Tochter wieder fand!“